"es steckt so viel drin in diesem kurzen, puristischen Abend!" SÜDDEUTSCHE ZEITUNG

Dienstags bei Kaufland
von Emmanuel Darley

Landestheater Schwaben 2020
Studio
Bühne & Kostüme: Franziska Isensee
Dramaturgie: Peter Kesten

Mit: David Lau

Fotos: Karl Forster


DIENSTAGS BEI KAUFLAND ist schon die zweite Premiere in der neuen Memminger Corona-Reihe "Monologe ohne alles" - und ein schöner Beweis dafür, dass Spielzeitauftakte heuer auch ganz ohne Spektakel gelingen können. Denn es steckt so viel drin in diesem kurzen, puristischen Abend!  (…) Robertas Monolog sucht verzweifelt nach einem Weg, die Liebe zu diesem frisch verwitweten, halsstarrigen Mann mit der eigenen Selbstachtung zu vereinbaren. In Klaus Gronaus Übersetzung kommen manche Sätze palmetshoferhaft verdreht heraus oder gehen eines Bestandteils verlustig; andere tackern knapp unerträgliche Zustände fest. (…) Roberta-Darsteller David Lau spricht sie wie einen Hilferuf zu einer kleinen Zuschauergruppe hin oder in sich hinein, das schütter werdende halblange Haar schräg gescheitelt, der Blick darunter flackernd, die Hände knetend. Aber nichts davon macht er zu viel. (…) Die Memminger Intendantin Kathrin Mädler, die Laus Solo inszeniert hat, setzt solche sprechenden Bilder für die queere Identitätssuche sparsam ein. Nie lässt sie die Darstellung von Weiblichkeit in die Travestie kippen oder den Schmerz der Figur ins Seifige. Diese Roberta rührt einen vor allem mit der Kraft, mit der sie nicht aufhört, Nähe anzubieten. Da kommt das bittere Ende fast en passant - wie der Punkt hinter einem Satz oder ein Postscriptum. Sabine Leucht, Süddeutsche Zeitung, 25.9.2020

In der Mitte des von Franziska Isensee geschaffenen Raums steht in einer Menge von Hänge-, Tisch- und Stehlampen – insgesamt sind es wohl zwanzig im Raum – ein großer Sessel mit Rosenmuster. Und auch die Spielerin, pardon der Spieler, die durch eine Seitentür auftritt, trägt ein Kostüm mit dem Rosenmuster des Sessels, ist als Mann zu erkennen und ist doch eine Frau. Auf eindrückliche Weise wird so im Kostüm (ebenso von Franziska Isensee) festgehalten, was Emmanuel Darley in seinem Monologstück „Dienstags bei Kaufland“ verhandelt. Robert ist nun Roberta, und der Vater empfindet dies als Verlust des Sohnes. (…) Was Darley in dieser Handlungskonstruktion gelingt, ist die genaue psychologische Analyse einer Vater-Kind-Beziehung. Immer wieder stürzt der Vater sie in krisenhafte Situationen, in der Roberta nur schwer ihre neue Identität behaupten kann. David Lau spielt das in seinem Solo fast nebenbei aus. Die Regisseurin Kathrin Mädler lässt ihn zunächst als Erzählerin agieren, die scheinbar distanziert von der Monotonie eines eingespielten Alltags erzählt. Enttäuschungen sind zunehmend in die Rede eingeflochten, Unsicherheiten erkennbar, auch Traurigkeit, weil sie ihren Vater liebt. Den Vater zu verstehen versucht. Es ist ein flehentliches Werben um die Liebe des Vaters, der nicht verzeiht und stets eine Distanz aufbaut. (…) Vor 20 Zuschauern hat die Intendantin Kathrin Mädler dieses Stück innerhalb der Reihe „Monologe ohne alles“ inszeniert. Der Beifall am Ende klingt, als ob der Saal wie in alten Zeiten gefüllt wäre. Manfred Jahnke, Die Deutsche Bühne, 12.09.2020

Kathrin Mädler verzichtet in ihrer Inszenierung auf grelle Schminke und jegliche übertriebene Weiblichkeit. David Lau (...) findet einen dezenten Modus im Übergang von Mann zu Frau. (...) Mit seiner Helligkeit und den feinen Nuancen im Spiel vermittelt er eindringlich und authentisch die Sehnsucht und Notwendigkeit von Roberta, erkannt und anerkannt zu werden. Er macht den Schmerz erfahrbar, der entsteht, wenn unerwartete Identitäten von Eltern und vertrauten Personen missachtet und strikt geleugnet werden. Das Stück endet mit einer bitteren Pointe, die zeigt, dass Transidentiät wohl noch lange auf Akzeptanz warten muss.“
Harald Holstein, Allgäuer Zeitung, 15.09.2020
 

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